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Sonntag, 2. Dezember 2012

Der 1.te Advent











Heute bin ich dran. Meine Muse war ja bisher in Urlaub. Scheinbar mag sie aber Weihnachten, denn für diesen Kalender ist sie zu mir zurück gekehrt.


Als Hobby-Hobby-Autorin präsentiere ich Euch also meinen Beitrag und hoffe er gefällt Euch.


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Der 1.te Advent





Sollte es so wirklich enden? Tick, tack, tick, tack… diese Uhr machte mich wahnsinnig. Warum eigentlich sind alle Uhren in Krankenhäusern solche, die laut ticken. Mal ganz ehrlich, lautlose Funkuhren gibt es selbst schon in ganz billigen Varianten in jedem drittklassigen Supermarkt. Aber, als wäre man schon nicht nervös genug, gibt es wohl irgendeine Krankenhausvorschrift die besagt, dass man Angehörige mit lauten Uhren zu quälen hat. 

Er hatte einen Unfall mit dem Motorrad. Ich fasse es nicht! Ich habe Motorräder noch nie gemocht. Ich wusste, dieses Ding würde ihn irgendwann töten. Und jetzt ist es scheinbar so weit. Warum sagt mir denn keiner was. Eine einzige Nachricht habe ich bisher bekommen.

“Städtisches Klinikum, Notaufnahme. Mein Name ist Dr. Segel. Spreche ich da mit dem Lebensgefährten von Herrn Färber?”  Mein Herz blieb stehen, während ich die telefonische Anfrage bejahte.


“Könnten Sie bitte ins Klinikum kommen? Ihr Mann hatte einen Unfall mit dem Motorrad. Und bringen Sie bitte seine Krankenkassenkarte mit. Alle weiteren Informationen erhalten Sie dann hier. Mehr kann ich Ihnen am Telefon dazu jetzt nicht sagen. Ich muss jetzt in den OP.” Niemals war ich so schnell raus aus dem Büro und wahrscheinlich habe ich auf einer Autofahrt noch nie so viele Verkehrsübertretungen begangen. Deine Versicherungskarte habe ich immer in meinem Portemonnaie, weil du normalerweise nur ein paar Euro lose in der hinteren Hosentasche mit dir herum schleppst.

Und so bin ich vor Angst zitternd hier angekommen. Gesagt hat mir bisher niemand etwas konkretes denn du bist noch im OP. Genau da ist auch der Doktor der mich angerufen hat und die Schwester hier weiß gar nichts. “Es tut mir Leid, aber ich bin gerade zum Dienst gekommen und ihr Mann war da schon im OP.” Ich hätte ihr gerne abgenommen das es ihr Leid tut, wenn dieser angewiderte Gesichtsausdruck nicht wäre. Dabei würde ich sie höchstens auf Ende 20 schätzen. Homophobie ist scheinbar keine Sache des Alters.  Niemals werde ich diese steinalte Oma vergessen, die lautstark zwei Jungs zusammen gestaucht hat, welche mich in der Straßenbahn als Schwuchtel beschimpften.

Schwuchtel! Wenn wir für jedes Mal, dass man uns diese Wort hinterher gerufen hat, einen Euro bekommen hätten, könnten wir uns zur Ruhe setzen. In meiner Jugend war es allerdings noch schlimmer. Ich hatte immer das Gefühl der Dorffreak zu sein. Nie hätte ich als Teenager gedacht, dass ich einmal so glücklich werden würde. Und das mit einem Autoschrauber. Der Bürohengst und der Autofuzzi. Wenn das keine tolle Überschrift für uns Beide ist.

Kennengelernt habe ich dich, als mein damaliges Auto wieder einmal streikte. Ein uralter, aber von mir heiß geliebter, Mondeo. Ich habe überhaupt kein Händchen für irgendein Handwerk. Und für Motoren schon mal gar nicht. Ekelig. Überall Öl und Schmutz. Meine Welt sind die Zahlen. Ich bin Steuerberater. Mir war schnell klar, dass ich einen Beruf brauchte bei dem ich ausreichend Geld verdienen würde um mir entsprechende Fachkräfte leisten zu können. Ansonsten würde ich mich wahrscheinlich schon bei einem Regalaufbau selber töten. Aber sogar mein ungeübtes Ohr konnte hören dass irgendetwas an meinem Auto nicht so funktionierte wie es sollte.

“Tut mir Leid, Kumpel. Aber der ist hin”, teiltest du mir mit, nachdem du mit deinem Kopf und deinen Hände in den heiligen, aber völlig ölverschmierten Untiefen, meines Autos verschwunden bist.
“Sind Sie sicher?” Den Blick den du mir daraufhin zugeworfen hast war, im besten Fall, mitleidig zu nennen.
“Sie können sicher zu jemand anderem fahren. Die bauen in die Kiste ein komplett neues Innenleben ein, ziehen Ihnen ein paar große Scheine aus der Tasche und mit viel Glück läuft er ein halbes Jahr. Vielleicht auch ein ganzes. Ich würde Ihnen zu einer neuen Karre raten.”

Und dann hast du mir angeboten mich beim Autokauf zu begleiten und zu beraten. Einfach so. 

Ich habe dich einmal gefragt wieso du das gemacht hast.

“Ich hatte ein schlechtes Gewissen. Ich hatte einfach überhaupt keine Lust diese Uraltkarre wieder ans Laufen zu bringen und man, du sahst nach meinem Spruch so verzweifelt aus. Und so süß.” 

Aus dem Autokauf, den ich dann unendlich in die Länge gezogen habe, wurde nahtlos eine Beziehung, eine Wohngemeinschaft und eine Ehe. Ja, ja Partnerschaft. Scheiß Politiker. Für uns ist es trotzdem eine Ehe. Einen bezahlten Handwerker habe ich, dank dir, nie gebraucht. Du kannst einfach alles. Dafür mache ich deine Bücher und achte darauf, dass unser schwer verdientes Geld nicht beim Finanzamt landet.

Auch sonst ergänzen wir uns fast perfekt. Während ich am Wochenende mit den Kumpels Fußball spiele, um unter Leute zu kommen, suchst du die Einsamkeit in dem du mit deinem Motorrad durch die Gegend fährst.

Dieses scheiß Motorrad!

Du hattest nie ein Auto, weil dir das in der Stadt zu unpraktisch erschien. Wegen des Berufsverkehrs. “Schatz, bis du durch den ersten Stau bist, habe ich mich schon durch die Stadt geschlängelt.”

Ich kann natürlich unmöglich behaupten, dass ich immer Angst gehabt hätte, wenn du unterwegs warst. Na klar, sobald man darüber nachdenkt hat man ein ungutes Gefühl. Aber grundsätzlich hätte ich nie für möglich gehalten, dass dir tatsächlich einmal etwas passiert.

Nie hätte ich wirklich erwartet diesen Anruf zu kriegen. Geschweige denn hier zu sitzen und diesen furchtbaren und lauten Sekundenzeiger zu beobachten. Ein Königreich für einen Kaffee. Im Eingangsbereich steht ein Kaffeeautomat. Aber dafür müsste ich einmal halb durch die Klinik. Und ich gehe hier nicht eher weg, bevor ich nicht weiß ob du diesen Crash überlebst. Wie lange sitze ich denn nun schon hier? 45 Minuten! 30 Minuten habe ich gebraucht um alle Fingernägel abzuknabbern. Mist, ich habe gar nichts für dich hier. Ich war ja nicht mehr zu Hause. Haben wir überhaupt so etwas wie Schlafanzüge? Wir schlafen beide nackt. Wenn dir was Schlimmes passiert ist, wie sage ich das deinen Eltern? Wir haben heute den 1. Advent. Wie sollen wir denn jemals wieder Weihnachten feiern können wenn du dies hier nur schwer verletzt überlebst. Wenn du überlebst!

Ich schwöre, ich fahre mit dem Auto über dieses verfickte Motorrad.

“Herr Baumgarner?” Ein Mann in OP-Kleidung steht vor mir. “Ja.”  “Mein Name ist Segel. Ich habe ihren Mann behandelt. Ah, da kommt er ja.”

Du lebst! 


Aufatmend drehe ich mich herum.




Was?




“Hallo Schatz!”, rufst du und winkst mit einer Krücke zu mir rüber

“Guck mal, mir ist das Moped auf den Fuß gefallen. Total blöd. Bänderriss und eine fiese blutende Wunde. Dr. Segel hier hat den wieder zusammen genäht. Nur die Schiene und die Krücken muss ich noch ein paar Wochen behalten. Gott sei Dank hat die Maschine nichts abbekommen. Kriege ich einen Kuss gegen die Schmerzen?”



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Weiter geht’s morgen bei RAIK







Und damit wünsche ich Euch einen schönen ersten Advent!






Zum ersten Türchen

2 Kommentare:

  1. So ein Schock am Sonntagmorgen *lach* ... mein Herz hat echt eine ganze Weile wie verrückt geklopft und ich dachte "Sowas kann sie doch nicht machen!" ... natürlich macht sie das nicht! *gg* Danke für die wirklich schöne Geschichte. Da möchte man doch noch viel mehr von den beiden erfahren!
    lg
    Karo

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  2. Oh, Mann. :D

    Klasse... :D Haha. Da denkt man sonst was und dann kommt da sowas bei heraus... Es lebe die Kommunikation. ;D

    Vielen Dank :D
    Kris

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