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Sonntag, 8. Dezember 2013

Türchen No. 8



Tadaaaa... Es ist Besuch da :D

Herzlich Willkommen auf meinem Blog Marie-Jeanne! 

Marie-Jeanne ist zum zweiten Mal Gast bei mir und ab nächstes Jahr kriegt sie ein eigenes Passwort :)

Da die diesjährige Geschichte auf die vom letzten Jahr aufbaut, hier noch einmal der Link zum letzjährigen Adventstürchen, für die 1,9 Mill. Leser die letztes Jahr noch nicht dabei waren.

http://sigridfrings.blogspot.de/2012/12/alle-jahre-wieder-by-marie-jeanne.html?zx=256e750319641a78

Und nun, geht es los. 

Viel Vergnügen!

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Ich hasse Weihnachten. Wie immer. Wie auch schon letztes Jahr, als Sie schon einmal von mir und meinem Leben als Geschenkpapierdesignerelf im Weihnachts-Wunderland lesen durften. 
Inzwischen sind fast wieder dreihundertfünfundsechzig Tage vergangen, Tage, in denen ich zwischen Himmel - Freizeit - und Hölle - mein Job - schwebte. Christ und ich sind in der Kusszählung bei sechstausenddreihundertsechsundneunzig Küssen angelangt. 
Doch im Moment lässt mich nicht mal die Erinnerung an die heutige Abschiedsknutscherei lächeln. Denn genau die ist das heutige Problem.

Alle Jahre wieder - die Zweite



Es ist jedes Jahr dasselbe. Da sitzt man ganz harmlos in seiner Malstube und überlegt sich irgendein Muster für Geschenkpapier, denkt darüber nach, dass Christ heute Abend mit dem Kochen dran ist und ob man es positiv sieht oder eher realistisch und sich direkt Magentabletten kaufen geht, da geht die Tür auf und mein Bruder Larry stolpert in mein Büro.

„Barry!“, ruft er, das Gesicht hinter einem Stapel von Geschenkpapierrollen verborgen.

„Was ist denn?“, antworte ich entnervt. Wenn Larry hier auftaucht, ist immer klar, dass etwas Unangenehmes auf mich zukommt. 

„Hier ist der Stapel mit genehmigtem Papier. Ich glaube, dass Christ nicht sehr begeistert von dem homoerotischen ist. Er ist ganz rot geworden, als er es gesehen hat. So ein Spießer ...“, verkündet mein etwas infantiler Bruder, dem das Wort „homoerotisch“ sichtliche Schwierigkeiten bereitet. Wobei ich nicht so gemein sein sollte, immerhin kann er nichts für den ausgemusterten Christbaum, der auf seinem Kopf gelandet ist.
Natürlich mag Christ das Papier für die Homos nicht. Er hat auch ewig gebraucht, um sich einzugestehen, dass er in mich verliebt ist. Ewig und ein paar Glühwein. Mit Schuss. Einem großzügigen Schuss.
Schwule sind ihm unheimlich, manchmal habe ich das Gefühl, er weiß gar nicht, dass ich ein männlicher Elf bin. Und wir sind seit fast sechs Jahren zusammen.
Sechsmal Planung, Vorbereitung, Einsatzbesprechung und der Tag X. 
Wir schlafen seit sechs Jahren beinahe jede Nacht nebeneinander ein und wachen morgens gemeinsam auf. Beim Zähneputzen stehe ich muffelig neben ihm, beim Duschen sehe ich ihm schmunzelnd zu und wenn er sich den Pullover über den Kopf gezogen hat, raube ich ihm ein Küsschen. 
Seine Wangen sind dann immer gerötet und irgendwie niedlich, er sieht verlegen aus wie ein kleiner Junge, obwohl er schon so lange existiert und an die zwei Meter groß ist und die breitesten, wundervollsten Schultern der Weihnachts-Wunderwelt hat.

Ich werde von Larry aus den Gedanken gerissen, der mir die genehmigten Papiere auf die Schreibtischplatte fallen lässt. Begraben von Fetzen bunter Geschenkpapiere funkle ich meinen älteren Bruder an.
Er schaut beinahe ausdruckslos zurück, dann kann ich förmlich zusehen, wie ein Gedanke sein Gehirn verlässt, als Aufblitzen durch die Augen wandert und schließlich über die Lippen kommt: „Christ will dich sehen.“

„Gnah“, maule ich. Offizielle Termine bei Christ enden immer mit einem Tag, an dem meine Kusszählung versaut wird. Denn er will dann nicht mehr geküsst werden, sondern mit verschränkten Armen auf seinem Angeber-Bürostuhl hinter dem breiten Schreibtisch sitzen und mich mit zusammengezogenen Augenbrauen anstarren. Was hab ich denn nun schon wieder falsch gemacht? An dem Geschenkpapier kann es kaum liegen, diese Diskussionen spart Christ sich inzwischen. Gut für ihn.
Seufzend stehe ich auf, grabsche nach meiner Ringelmütze, die alle Elfen tragen müssen und die ich immer achtlos neben mich schmeiße, und mache mich auf den Weg zu Christs Büro. Die blöden Glöckchen auf meinen Schuhen bimmeln. Das macht meine böse Miene natürlich kaputt und ich wirke so gefährlich wie ein Wattebausch.

Fest klopfe ich an die stabile Eichentür, kurz darauf ertönt Christs tiefe Stimme: „Herein!“ Mit einem tiefen Einatmen drücke ich die Klinge herunter und stoße die Tür auf.
„Du hast mich rufen lassen?“, frage ich und lasse mich auf den Besucherhocker plumpsen. 

„Das habe ich“, bestätigt Christ, sieht jedoch nicht auf und zeichnet weiter an irgendeinem Plan herum. Neugierig schaue ich auf das Blatt Papier, scheinbar arbeitet Christ an der diesjährigen Flugroute vom Weihnachtsmann. Dieses Jahr muss sie sehr genau sein. Rudolf, der sonst navigiert, hat sich bei einem Stelldichein hinter dem Stall erkältet. 
Santa kann man das nicht planen lassen, er verschätzt sich schon jedes Jahr in Bezug auf den Umfang seines Bauches und dem Fassungsvermögen von Kaminschächten.

Irgendwann wird es mir jedoch zu dumm zu warten, deshalb sage ich: „Christ, jetzt erklär´ mir schon, was ich dieses Mal wieder verbrochen habe.“

Mein Riese schnaubt und blickt auf. Seine Augen wollen mich durchbohren, doch der böse Blick von Christ ist nichts gegen meinen, deshalb hat er nicht wirklich Wirkung auf mich.
„Dein Geschenkpapier!“, presst er hervor.

„Welches denn?“, stelle ich mich dumm.

„Das mit den ... Schwulen.“

Nichtssagend zucke ich mit den Schultern. „Was ist damit?“

„Diese Kerle sehen aus wie ... wie wir. Und ich will nicht, dass man mich beim Sex sehen kann. Niemand weiß von unserer Beziehung und so würde ich es gerne weiterhin halten“, rückt er mit der Sprache heraus. 

„Elende Zuckerstange! Christ! Wir sind seit fast sechs Jahren zusammen und ich habe es so satt, so tun zu müssen, als wären wir nur Mitbewohner. Und abgesehen davon sehen diese Beiden uns nicht ähnlich. Große dunkelhaarige Männer und kleinere Blonde gibt es viele und eine zufällige Ähnlichkeit zu lebenden oder verstorbenen Personen ist unbeabsichtigt und ... naja ... zufällig eben!“
Mein Ton wird lauter. Dieser Teil unserer Beziehung sitzt wie ein Stachel in meinem Fleisch. Ich würde so gerne endlich nicht mehr über die Schulter sehen müssen, bevor ich meinen Freund küsse. Trotzdem respektiere ich Christs Wunsch, aber es fällt schwer und tut weh, wenn wieder eine der dämlichen Eisfeen sich in Christs Richtung räkelt und er dümmlich grinst.

„Du willst mich schon ewig dazu überreden, das mit uns öffentlich zu machen. Hör auf, es allen mittels irgendwelcher Zeichnungen zeigen zu wollen! Das Vertauschen von Haarfarben ist nicht genug für die Geheimhaltung!“
Christ ist aufgestanden, seine großen Hände hat er zur Verdeutlichung auf die Tischplatte geknallt. Zornige Röte hat seinen Hals eingenommen und eine Ader an seiner Schläfe pocht hektisch.
Seine Wut würde auf die meisten anderen einschüchternd wirken, doch mir schwillt mächtig der Kamm. 
„Schön“, spucke ich ihm entgegen. „Schön. Dann mache ich es nicht öffentlich. Man muss ja nichts bekannt geben, was nicht mehr da ist. Such dir ´ne Eisfee, ich schnappe mir einen hübschen Rentierpfleger. Oder ich bandle mit dem Geist der vergangenen Weihnacht an. Der steht wenigstens dazu, dass er auf nette kleine Elfen steht!“
Mit diesen Worten verlasse ich das Büro meines Freundes ... Exfreundes.

Verdammte Zuckerstange! 

Ich habe gerade mit der Liebe meines Lebens Schluss gemacht. Aber ich bin zu wütend und zu stolz, um zurückzugehen. Es ist Christs Schuld! Immerhin verschweigt er mich wie ein peinliches Geheimnis.

Beim hastigen Packen meiner Sachen weigere ich mich noch zu heulen. Fast wie ein winziger Kindergartenelf, der schon wieder gezwungen wird, den Schlitten des Weihnachtsmannes - der vom dicksten Elfenkind dargestellt wird - zu spielen.
Die Tränen kullern erst, als ich nach Feierabend im totenstillen Bürotrakt mein Lager aufschlage. Um mich herum schwebt Geschenkpapier, auf dem mich Reihen von blöd grinsenden Schneeflöckchen zu verspotten scheinen.
„Blödes Weihnachten, blöder Job, blöder Christ!“, lamentiere ich vor mich hin, bis ich irgendwann einschlafe.

oOo

Ganze vier Tage nächtige ich in meinem Büro, dann steht die Weihnachtsfeier der Belegschaft an. Leider besteht dort Anwesenheitspflicht, sonst würde ich nicht hingehen. An Schlaf war nicht wirklich zu denken in letzter Zeit, denn Christ hat sich immer wieder an den Zeichentischen der anderen Elfen herumgetrieben. Die designen aber Spielzeug. Scheinbar steht er auf Elfen am Zeichenbrett.
Auf der Weihnachtsfeier ist es Tradition, dass wir uns untereinander Kleinigkeiten schenken. 
Die Mitbringsel von Christ und mir - immerhin eine offizielle Wohngemeinschaft - habe ich schon vor ein paar Wochen eingepackt. Nettes, harmloses Geschenkpapier mit Blautannen und dem Weihnachtsstern drauf. So nichtssagend, dass nicht mal Christ etwas dagegen sagen könnte.

Während dem ganzen Geraschel beim Verteilen der Geschenke blicke ich nicht auf, als Letztes verteilt immer Christ unsere Päckchen. 
Urplötzlich verstummen alle Gespräche, ich blicke irritiert auf und sehe mich einer Vielzahl überraschter Blicke gegenüber.
„Was ...?“, frage ich leise meinen Sitznachbarn, den Geist der zukünftigen Weihnacht. Er verzieht sein Skelettgesicht zu einem Grinsen und deutet auf eines der Päckchen, die vor ihm stehen.
Verwirrt folge ich seinem Fingerzeig und muss nach Luft schnappen.

Das flache Päckchen ist mit einem Papier eingepackt, das ich nicht erstellt habe. Denn es zeigt das Motiv von einem großen blonden Mann, der einem kleineren braunhaarigen Lockenkopf einen sanften Kuss auf die Nasenspitze gibt. Über ihnen schwebt ein Herz. 
Das sind Christ und ich auf dem Papier.
Und es gibt nichts zu fehlinterpretieren.

Beim heiligen Geschenkestrumpf! 

„Ähm ...“ Mehr will mir nicht über die Lippen kommen, so geschockt bin ich. Ich suche den Blick von Christ, verhake meinen mit seinem und versuche das Lächeln hinein zu legen, das meinen Mund noch nicht erreicht hat.

„Es ist ja nicht so, als würden wir es nicht schon längst alle wissen, aber das ist die schönste Art, eine Beziehung bekannt zu geben“, lächelt der Weihnachtsmann.

„Ihr wusstet es?“, ertönt da Christs Stimme. „Woher?“

„Du bist ein schlechter Schauspieler, Christ“, antwortet mein Bruder Larry. Sogar Larry hat es kapiert?! 

Sie alle lachen, der Geist der zukünftigen Weihnacht klopft mir auf die Schulter, was mich fast zusammenbrechen lässt. „Jetzt geh schon zu ihm hin, er hat sich wirklich Mühe gegeben“, fordert er mich auf.

Wackelig stehe ich auf und wanke auf Christ zu. Er erwartet mich, doch bevor er mich in die Arme schließt, wartet er mein ermunterndes Nicken ab. 
Und dann küsst er mich.
 Sechstausenddreihundertsiebenundneunzig.



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Ich danke Marie-Jeanne noch noch einmal für ihren wunderschönen Beitrag und wünsche euch einen schönen 2.ten Advent!

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